Die Videokünstlerin Bettina Grossenbacher lädt ein zu einer Reise quer durch die Pariser Kinolandschaft und durch ein ganzes Jahrhundert Kinogeschichte. In den Mittelpunkt ihrer Fotografien setzt sie die leere Leinwand, aufgenommen in den flüchtigen Momenten kurz vor Beginn einer Vorstellung. Ein halbes Jahr lang hat sie Pariser Kinosäle erwandert und, geschützt vor den Blicken Neugieriger, deren Atmosphäre, die Kinosessel, die beleuchteten Decken und vor allem die Leinwände fotografiert.

In dieser sorgfältig gestalteten Publikation wirken Filmtitel und Regisseur, Tag, Uhrzeit, Name und Adresse des Kinos wie poetische Werktitel: ‹Impression de montagne et d‘ eau / Te Wei, Hu Jinqing & Zhou Keqing / 21.10. / 11.10h / Sept Parnassiens Salle 1 / 98, bd du Montparnasse› oder ‹Land Of Plenty / Wim Wenders / 29.11. / 17.40h / Le Brady l’Albatros / 39, bd de Strasbourg›. Die cineastische Reise wird begleitet von Texten des Medienwissenschaftlers Hansmartin Siegrist, der die Fotografien nicht kommentiert, sondern sich von ihnen inspirieren lässt und den Blick auf etwas lenkt, was Film-, Kino- und Apparatetheorien bisher noch nicht fokussiert haben: die Projektionsfläche selbst. ‹Les visiteurs du soir› ist ein Fotobuch der besonderen Art und eine Liebeserklärung an das Kino und an die Kinostadt Paris.

«Unter dem Titel ‹Paratexte› (frz. Original: ‹Seuils›) hat der französische Literaturtheoretiker Gérard Genette 1987 ein charmantes, begeistert rezipiertes ‹Buch vom Beiwerk des Buches› veröffentlicht, in dem es um all die kleinen und selten beachteten Elemente geht, die ein Buch auch ausmachen, wie etwa Titelgrafik, Schutzhülle, Inhaltsverzeichnis. Nun liegt endlich ein Äquivalent für Cinephile vor: eine Publikation, die sich mit dem Beiwerk des Kinos befasst.» Neue Zürcher Zeitung